Habt ihr euch schon mal die Frage gestellt, was ihr dieser tristen Welt hinterlassen wollt? Okay…zu theatralisch? Dann einfacher: die lebenden Legenden von Cock Sparrer haben ihr letztes Studioalbum „Hand On Heart“ releast und ich möchte behaupten, dass, wenn man sich so verabschiedet, es einer der denkbar größten Boss-Moves ist. Insbesondere wenn man nach 50 Jahren im Geschäft sich eben nicht einfach nur „selbst kopiert“, sondern etwas herausbringt, was selbst eingefleischte Fans immer wieder innehalten und sich wundern lässt, ob das wirklich die alten Herren aus London sind.

Ein Beispiel dafür findet sich bereits in Song Nummer Zwei, „Mind Your Own Business“. Nachdem die letzten Akkorde der absoluten Opener-Hymne „Hand On Heart“ verklungen sind, dröhnt plötzlich ein fieses, verzerrtes Riff aus den Boxen und wird quasi sofort von brachialen Gangshouts verstärkt. Dabei treibt der Song einem so die Energie in den Wanst, dass Stillsitzen keine Option mehr ist. Ohne Mist, das ist ein Lied, bei dem man derb Bock bekommt, sich auf eben solch direkte Art, aller negativen Arschlöcher um einen herum zu entledigen. Und solche Songs braucht es einfach immer.

Rags to Riches“ hingegen kriegt einen zwar auch von der ersten Sekunde an, hier aber durch die markanten Lyrics. „I ain’t gotta pot, but I need to piss. How has it come to this?” ist ein herrlicher Einstieg für einen Song, der auf ganz großartige Weise eine Geschichte aus dem Leben zu erzählen vermag. Ähnliches gilt auch für den anschließenden Song „No Way Out“, in welchem dann aber wieder die Cock Sparrer typischen, einprägsamen Chorus-Elemente zu hören sind und direkt Bock machen, sich bei solchen Liedern im Pulk von Gleichgesinnten die Kehle heiser zu schreien.

Take It On The Chin“ ist das nächste Highlight: eine Nummer über das sich-selbst-Verzeihen, zu gemachten Fehlern zu stehen und sich nicht von der eigenen Vergangenheit ausbremsen zu lassen. Und vielleicht spielt hier ja schon das eigene, halbwegs fortschreitende Alter eine Rolle, oder aber meine eigenartige Angewohnheit, selbst die größten Kleinigkeiten zu zerdenken, aber diesen Song fühle ich so richtig und möchte eigentlich zu jeder Sekunde nur laut „Jawohl!“ schreien.  Auch das sich anschließende “One Way Ticket“ geht textlich in eine ähnliche Richtung. Ganz allgemein kann man ohnehin festhalten, dass „Hand On Heart“ ein verflucht positives Album ist .

„Don’t live your life with such a weight to bear. No one else will know, no one else will care. It’s all on you! You’ve gotta stand up and take it on the chin. Stand up, stand up and take it!”

Und das absolute Highlight  haben sich Cock Sparrer dann für den Schluss aufgehoben. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass die Nummer, das eigene, allerletzte Album mit einem SOLCHEN Song zu beenden und einen solchen Hammer quasi als letzten, je aufgenommenen Song stehen zu haben, die absolut dickste Nummer seit Erfindung des Sandwichmakers  ist. „Here We Stand“ ist ein Instantklassiker. Eine Hymne, wie sie eigentlich nur Cock Sparrer schreiben können. Wie oft ich diesen Song nun seit dem Release schon aus vollem Hals im Auto oder sonstewo rumgegrölt habe, obwohl ich ganz alleine war, kann ich nicht mehr mit allen Gliedmaßen meines Körpers abzählen. Gott, was hab‘ ich mich in den Song verliebt. Eine unglaubliche Nummer. Wer’s nicht glaubt: Hört euch allein mal die letzte Minute an und lasst euch von der Mischung aus hartnäckig wiederholtem Refrain und emotionalem Background-Chor treiben. Wer da keine Gänsehaut kriegt, hat’s einfach nicht gerafft!

„When the world does too much to ya And everybody’s preaching at ya When you’re reaching for a hand HERE WE STAND! When the world does too much to ya Everybody wants a bit of ya When you’re reaching for a hand HERE WE STAND!”

Auch wenn “Hand On Heart” sicherlich nicht die Goldene Ananas für das „beste Cock Sparrer Album aller Zeiten“ gewinnt – ganz einfach, weil sich „Shock Troops“ und „Forever“ bis in alle Ewigkeit darum prügeln werden – ist es ein absolutes Ausrufezeichen. Ein solches Album würde bei jeder anderen Scheißband auf diesem Planeten vermutlich auf lange Zeit unerreicht bleiben, nur eben bei nicht bei dieser Band. Aber holy shit…falls in Zukunft jemals wieder jemand fragt, was man hinterlassen soll: Macht es wie Cock Sparrer und seid einfach ganz, ganz, ganz großartig bis zum Schluss!

Ben