Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Welt der Rezensionen momentan voller Wortspiele im Bezug auf die Bezeichnung „(sic!)“ ist, wenn sich Menschen zum neuesten Machwerk der fantastischen Broilers äußern. Für mich war die Bezeichnung bisher immer der Titel des wütendsten und einem der besten Stücke Musik das ich je gehört habe: Slipknot – sic!
Freilich ist es ein abstrakter Vergleich mit den Düsseldorfer (Oi!)Punks, aber irgendwie trifft er doch ins Schwarze. Ich will hier gar keine Vergleiche zur zugegebenen kontrovers diskutierten „Noir“ anstellen, denn das wird beiden Scheiben eh nicht gerecht. Aber was da seit Freitag durch meine Boxen hämmert…alter Latz…das ist irgendwie schon wütend. Und ziemlich atemberaubend.
Wo fang ich an? Öffnet man das Booklet sieht man sofort eine abstrahierte Deutschlandfahne und den Spruch: „Dieses Sommermärchen ist vorbei“. Uff. Das sitzt erstmal. Es ist mehr als nur offensichtlich dass die Ereignisse der letzten Monde nicht spurlos an den Broilers vorbeigegangen sind. Ist ihnen verflucht gut bekommen zumindest aus musikalischer Sicht. Dabei wird – teils unterschwellig, teils direkt – all den menschenverachtenden Flachzangen ins Gesicht gebrüllt, dass sie nichts zu melden haben. Das gepaart mit den Hörerzahlen, die die Broilers mittlerweile erreichen: Wichtig! Dafür würd ich gern mal persönlich „Danke!“ sagen. Nur bei einer Sache möchte ich widersprechen:
„Schlechte Zeiten brauchen keinen Beat“ – doch, genau solch einen!
Zur Mugge: Generell ist die Musik 101% Broilers wie ich sie liebe. So ein netter aggressiver Smoothie aus Ska, Punk und Rock’n’Roll, der mehr vorwärts treibt als ein Fahrer beim Hundeschlittenrennen! Die ersten 2 Singles haben dann auch noch die Erwartungen in ungeahnte Höhen schnellen lassen und mit Sicherheit sind „Bitteres Manifest“ und „Keine Hymnen heute“ zwei der absoluten Bretter der Scheibe. Wenn man die aber gleich innerhalb der ersten 3 Songs raushauen kann, muss man echt noch was im Petto haben! Und das haben sie.
Zunächst sei da ganz klar „Irgendwas in mir“ zu erwähnen. Irgendwo zwischen diesem Feuer, das einen in den jungen wilden Zeiten erfasst und nie so richtig losgelassen hat und diesem mitleidigen Lächeln wenn man jemandem mal wieder erklären darf, dass der Mist eben nicht „Nur ‘ne Phase“ ist. Passend dazu röhrt einem Sänger Sammy dann bei „Unsere Tapes“ entgegen: „Das zwischen dir und mir, das bleibt uns, das bleibt hier, wenn alles andere nicht mehr passt!“ Und sind wir doch mal ehrlich: wir alle brauchen doch wieder viel mehr Mixtapes! Schön ist dabei auch der Bogen, mit dem „(sic!)“ am Ende nochmal richtig wütend wird. „Als das alles begann“ ist ein, rein textlich, richtig starkes Ding: „Diese Welt kotzt mich an, wir waren da als das Alles begann!“ Ein Song der allen Zweiflern und AFD- Sympathisanten bitte in Dauerschleife vorgespielt werden sollte. Wer wenn nicht wir alle können bessere Zeiten schaffen?
Interessanterweise haben mir diesmal sogar die ruhigeren Nummern bzw. Balladen, fast noch mehr abgewonnen. Die Worte mit denen „Ihr da Oben“ besungen werdet, lassen einen an all die wundervollen Zeiten, mit all jenen denken, die man vor teils etlichen Jahren mal zu Grabe getragen hat. Der Song tut höllisch weh und dabei gleichzeitig richtig gut. Und wenn ich gerade bei den „alten Zeiten“ bin, noch was Versöhnliches zum Abschluss: „Die beste aller Zeiten“ ist auch so ein Spagat-Song. Diesmal zwischen gebrochenem Herzen und den ganzen Suffgeschichtenkallauern die einem selbst nach 10 Jahren noch Lachtränen in die Augen treiben. „Das war die beste aller Zeiten, das war die schlechteste aller Zeiten und wir war’n mitten drin!“ Ich hatte ernsthaft Gänsehaut beim ersten hören.
Diesmal zwischen gebrochenem Herzen und den ganzen Suffgeschichtenkallauern die einem selbst nach 10 Jahren noch Lachtränen in die Augen treiben.
Freilich sind die Broilers längst keine Proleten- Oi!- Punkband mehr, die – im positiven Sinne – genauso dreckig ist, wie ihre geile, dreckige Musik. Aber ich glaub darum geht’s auch nicht. Die 5 Düsseldorfer haben nämlich immer noch ordentlich Wut im Wanst und einiges zu sagen. Für mich ist das wahrlich (genug) Punk! Ohne Zweifel: „(sic!)“ ist eine der stärksten Scheiben des, noch jungen, Jahres! Es wird immer Leute geben die’s Scheiße finden und auch viele die’s geil finden. Aber am Ende gilt für mich eigentlich irgendwie nur:
„Wenn du fragen musst, wirst du’s nie verstehen!“
Ben